Artikel aus bwd von Reinhold Kober im September 2009.
Dass er gerne Beachvolleyball spielt, sieht man dem braun gebrannten 40-Jährigen an; dass er sich wissenschaftlich auf 160 Seiten mit Estrichtechnik beschäftigt hat, nicht unbedingt. Dr. Alexander Unger lebt mit seiner Familie in Donauwörth. Er ist Architekt, Geschäftsführer von drei Firmen, Fußbodenatlas-Autor und - Dr. Estrich.
Dr. Alexander Unger hat in seiner Dissertation auf die eigene Erfahrung Im Estrichgewerk zurückgegriffen und einen Problemloser für die Sanierung entwickelt. Wer die Branche ein bisschen kennt, der stellt sich die Situation lebhaft vor. Man sitzt im Kollegenkreis zusammen, die Sprache kommt auf den Sinn des Lebens und unerfüllte Ziele. Und plötzlich offenbart einer, er brüte über seiner Doktorarbeit. „Über was schreibst'n", will der andere wissen. Die Antwort: „Über die Prüfung und Entwicklung von Techniken für die Vor-Ort-Produktion von extrem dünnen schwimmenden Estrichen in der Renovierung." Und zwar auf Englisch. Keine weiteren Fragen? Doch, schon. Dr. Alexander Unger, bekannt als Fußbodenatlas-Autor, Juniorchef der gleichnamigen Firmengruppe und eloquenter Conferencier des Quo-Vadis-Fuß-bodenforums, ist sich bewusst, dass es Gesprächsbedarf gibt. Es ist ja nicht so, als hätte er nicht genug zu tun gehabt - auch ohne Promotion und Dissertation. „Meine Frau sagt, wenn wir gefragt werden, wo wir leben, ich würde in DON-UA 36 leben", sagt der jungenhaft wirkende Unternehmer grinsend. Das ist die Autonummer seines roten Alfa Romeo. Mit dem pendelt er zwischen der Heimat, Unterschleißheim und Chemnitz. In Ostdeutschland leitet Unger die Geschicke der gleichnamigen Boden-Systeme GmbH. Deren Dienstleistungsportfolio erstreckt sich auf Tiefgaragen und Betonsanierung. „Mit einem reinen Estrichgeschäft kannst du im Osten nicht überleben", sagt der 40-jährise Geschäftsführer. Im bemerkenswerten Organigramm der Firmengruppe, das aus sechs Geschäftsfeldern und vier Unternehmen besteht, läuft die Boden-Systeme GmbH unter der Überschrift „Sanierungssysteme".
Der zweite Job im Osten.
Das Engagement im Osten ist für die Ungers übrigens ein Back to the Roots. Alexander Ungers Großeltern stammen aus dem früheren Karl-Marx-Stadt. Als die Mauer gefallen war, entschied sich Vater Helmut schnell und „aus dem Bauch raus für die Investition", wie der Juniorchef erklärt. Das erworbene Areal, gelegen übrigens an der Donauwörther Straße, geriet mit um die 100.000 Quadratmeter zu groß, als dass man dort nur die Niederlassung des eigenen Handwerksbetriebs hätte ansiedeln wollen. Weil nach dem Abschluss von Verträgen mit einer bekannten Schnellrestaurantkette sowie einer Tankstelle und dem Bau eines Küchenstudios immer noch mehr als genug Platz war, gründeten die Ungers flugs die gleichnamige Park GmbH, welche die Vermarktung der weiteren Flächen steuert - Alexander Ungers zweiter Job im Osten. „Wir haben dort jetzt eine Fertighausausstellung aufgezogen, weil solche Gebäude in den neuen Ländern sehr beliebt sind. Nur sind sich die Aussteller untereinander alle nicht grün, deshalb muss jemand aufpassen, dass ja keiner ein zu Kroßes Werbeschild aufstellt und so weiter." Was nach permanentem Nachbarschaftsstreit klingt, scheint zu funktionieren. Inzwischen haben die Ungers die Idee auf weitere Flächen in Dresden, Erfurt und Leipzig ausgeweitet. Schließlich verantwortet der frisch Promovierte bei München die Geschäfte der Thermo-Boden GmbH. Dr. Alexander Unger sieht die Lage als geografischen Standortvorteil: „Von Unrerschlei&heim aus erreichen wir einen großen Markt, auf dem ständig was passiert." Gleichzeitig ist München für ihn mit Erinnerungen verbunden. Dort studiert der junge Alexander Unger 1990 gerade seit ein paar Wochen Architektur - um für seine Tätigkeit an der Spitze der Firmengruppe keine Meisterprüfungen Im Estrich- und Raumausstatrerhandwerk ablegen zu müssen, wie er selbst sagt. Am ersten Tag seiner ersten Semesterferien erhält der Juniorchef in spe einen Telefonanruf von Vater Helmut: „Wir hatten damals im Westend gerade eine große Baustelle, die schnellstens fertig gestellt werden musste. In einer Wohnanlage sollten auf allen Flächen elastische Beläge liegen." Problem: Es ist - kurz nach dem Mauerfall - die goldene Zeit am Bau, der Arbeitsmarkt für Fachkräfte ist leer gefegt. Und der Filius hat null Erfahrung in Sachen Baustellenmanagement. Schließlich klopft Alexander Unger mit der Freundin am Wochenende selbst die Sockelleisten an die Wand und führt, unterstützt vom reaktivierten Opa, das Unternehmen zum Erfolg - gegen allerlei Widerstände: „Wir haben damals in Ermangelung eigener Leute mit Subs gearbeitet. Der erste Sub hat das Material von der Baustelle geklaut, der zweite hatte offene TBC, erinnert sich der 40-Jährige heute mit dem Amüsement des zeitlichen Abstands. Kurz: „Es war immer klar, dass ich in der Firmengruppe in die Fußstapfen des Vaters trete. Über etwas anderes habe ich gar nicht nachgedacht." Aber warum dann jetzt noch einen Doktortitel? Der Fußboden Atlas Autor ist auch Gutachter und sprachenbegeistert. Um die Promotion im Anschluss an das Doktorandenstudium nach dem neuesten Zyklus des europäischen Hochschulgesetzes zu erlangen, galt es außer fünf Bauingenieurwesen-Fachprüfungen die Dissertation in englischer Sprache abzulegen. Auf dieser Basis will Unger verstärkt international als Sachverständiger tätig werden den.
Nach der zweieinhalb Jahre dauernden Büffelei aber ging es vorher erstmal ins Beachvolleyball-Camp.
Mittwoch, 14. April 2010
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