Freitag, 16. März 2012

Das Handwerk baut auf Wind und Sonne

Über 1100 Aussteller zeigen ihre Arbeit. Kernthema sind erneuerbare Energien
Augsburger Allgemeine 16. März 2012 von Joshena Diessenbacher


München Selbstbewusst empfängt das Handwerk die Besucher auf seiner Messe: „Wir sind Handwerker. Wir können das“ steht auf großen Bannern vor den Eingängen geschrieben. Das Handwerk, so heißt es auf einem anderen Banner, sei der „offizielle Ausrüster der Energiewende“. Wo der Schwerpunkt der diesjährigen Ausstellung liegt, erfährt der Besucher schon, bevor er die Hallen betritt: Kernthema ist die Energiewende – und mit ihr die Energieeffizienz.

Auf dem Messegelände, das mit rund 70000 Quadratmetern so groß ist wie ein Stadtviertel, will das Handwerk dieses Jahr vor allem transportieren, wie wichtig es für die Energiewende ist – und umgekehrt. Denn: Die Energiewende bringt dem Handwerk gewaltiges Wachstumspotenzial. „Das ist ein Konjunkturprogramm für die nächsten 20 Jahre“, ist der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Schwaben, Ulrich Wagner, sicher. Dabei lief es schon im vergangenen Jahr so gut, wie schon lange nicht mehr. Das Handwerk verzeichnete ein Umsatzplus von rund sieben Prozent. Das zur Schau getragene Selbstbewusstsein kommt also nicht von ungefähr. Es begründet sich auch, so legt die diesjährige internationale Messe nahe, in der Innovationskraft der Betriebe. Denn viele von ihnen haben sich intensiv Gedanken gemacht, wie sie ihren praktischen Beitrag zur Energiewende leisten können – und haben entweder Neues erfunden oder an Komplettlösungen gearbeitet.

So beispielsweise die Firma Fürst Elektrotechnik aus Amerdingen in Nordschwaben. An deren Stand steht eine Traube Menschen und bestaunt Windkrafträder der anderen Art: Solche, die man sich in den Garten stellen kann. Zu haben sind sie in Höhen zwischen acht und 24 Metern, maximal 3000 Kilowattstunden soll das pro Jahr bringen – ungefähr so viel, wie ein Einfamilienhaus benötigt.

Vor einem knallroten Exemplar mit vertikaler Ausrichtung steht ein Ehepaar aus München. So eines würde er sich schon in den Garten stellen, sagt der promovierte Physiker Ulrich Bohn, der ein Faible für erneuerbare Energien hat. Auf seinem Dach befindet sich natürlich eine Photovoltaikanlage – deren Leistung Bohn mit einer speziellen Handy-App immer beobachten kann. Der Preis von circa 18000 Euro für ein Windrad schreckt den Astrophysiker nicht ab. Er will möglichst unabhängig werden von Stromanbietern und hohen Preisen.

Genau diese Unabhängigkeit ist das Ziel von Andreas Fürst aus Amerdingen: „Ich möchte meinen Kunden Energie-Autarkheit ermöglichen“. Alle seine Leistungen in den zwei Gewerken Elektrotechnik und Sanitär liegen im Bereich regenerative Energien – ob Windrad im Garten oder Elektrotankstelle in der Garage.

Auf die Sonne setzt schon lange und gewinnbringend das Solarzentrum Allgäu, das im Stammhaus 80 Mitarbeiter beschäftigt und weltweit Herstellungsfirmen hat. Inhaber Willi Bihler präsentiert an seinem Stand eine Eigenentwicklung: eine Klemme, mit der die Module ohne Schrauben auf dem Dach befestigt werden können, „und zwar viel schneller“. Außerdem biete die Klammer Diebstahlschutz, Isolation und sei nicht hitzeempfindlich.

Altbauten-Liebhaber, die eine Sanierung vorhaben, könnte der „Energiespar-Estrich“ der Firma Unger aus Donauwörth interessieren. Denn, so kann der Besucher in einem Modell sehen, der ist sehr dünn und leicht und eignet sich daher für alte Holzdecken. So könne sich der Boden viel schneller aufheizen als bei den normalen, dickeren und schwereren Estrichen, erklärt Mitarbeiter Michael Knobel.

Und wer am Ende genug über Energieeffizienz erfahren hat, der kann sich zum Beispiel vom Konditorenhandwerk verführen lassen oder die Taschen des Täschners Mauro aus Italien anschauen.

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